Sexueller Missbrauch

Sexueller Missbrauch passiert Mädchen und Jungen. Obwohl du es eigentlich nicht möchtest, wirst du vielleicht, wenn du ein Mädchen bist, an der Scheide, am Po oder an der Brust angefasst. Oder, wenn du ein Junge bist, vielleicht auch am Penis oder Po berührt.

Sexueller Missbrauch ist auch wenn z.B. jemand möchte...

  • dass du dich vor ihm selbst befriedigst
  • dich nackt filmen will
  • dich im Netz sexuell anmacht – mit Worten oder pornographischen Bildern.

Solche Situationen fühlen sich dabei oft komisch oder blöd an und du traust dich vielleicht nicht darüber zu reden, weil...

  • dir gedroht wurde, und du Angst hast
  • weil du dich schämst
  • weil du vielleicht am Anfang ein bisschen neugierig warst und du jetzt denkst, du seist selbst schuld.

Wer macht sowas?

Selten ist es der böse Unbekannte, sondern oft sogar jemand, den du kennst und eigentlich gut leiden kannst. Das können auch Personen aus deiner Familie sein. Trotzdem: Erwachsene dürfen das nicht! Niemand hat das Recht, dich gegen deinen Willen zu berühren, oder sich von dir berühren zu lassen. Du hast keine Schuld!

 

Quelle: Heike Jockisch, SOS-Kinderdorf Kaiserslautern


Definition

Eine Definition von sexuellem Missbrauch von Kindern ist: Jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind auf Grund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Täter nutzt seine Macht- und Autoritätsposition aus, um seine eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen. Dieser Definition fehlt jedoch, dass auch dann ein Missbrauch vorliegt, wenn der Wille des Kindes der sexuellen Handlung nicht entgegensteht - weil Kinder immer unterlegen sind und deshalb niemals zustimmen können. Als sexuelle Handlung zählen auch verbale Übergriffe. Sexuelle Gewalt findet auch virtuell statt in Form von Cybergrooming oder Sexting, dem Versenden von sexuellen Inhalten.

 


Offenlegung des sexuellen Missbrauchs (Disclosure)

Nur wenige Kinder und Jugendliche vertrauen sich in der Kindheit einer anderen Person an, dass sie sexuelle Gewalt erlebt zu haben. Der Grund ist oft, dass sie denken, selbst Schuld zu sein. Es gibt eine Broschüre der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Kindern und Jugendlichen Mut machen möchte, sich jemandem anzuvertrauen: "Trau Dich! Du bist stark":


Rechtliche Bewertung

Im Strafgesetzbuch findet sich im Paragraph 176 der sexuelle Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren: Hier sind auch Handlungen benannt, die Kinder an einem Täter oder einer Täterin oder an Dritten vornehmen müssen. Eine weitere Tatvariante ist das Einwirken auf Kinder durch Pornografie.

 

 

Der Paragraph 174 beschreibt den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen unter 16 Jahren. Dies bezieht sich auf sexuelle Handlungen an Minderjährigen, wenn der Minderjährige der handelnden Person zur Erziehung, Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut wurde. Wird dieses Abhängigkeitsverhältnis für die sexuellen Handlungen ausgenutzt, dann gilt dies auch für Minderjährige zum 18. Lebensjahr.


Erkenntnisse zu den Tätern

Sexueller Missbrauch findet vor allem im sozialen Nahfeld von Kindern und Jugendlichen statt. Dazu gehören der Freundes- und Bekanntenkreis der Familie, die Nachbarschaft und Verwandtschaft sowie die Familie selbst.

 

Laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2011) sind die Täter zu rund 42 % Bekannte und zu 27 % Familienangehörige. Unbekannt sind die Täter in knapp 26 % der Fälle. In über 10 % der Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder sind die Täter weiblich.

 

Das bedeutet, dass sich in den meisten Fällen der Täter und das betroffene Mädchen bzw. der betroffene Junge kennen. Das Nähe- und Vertrauensverhältnis wird vom Täter  ausgenutzt, die meisten Mädchen und Jungen spüren keine Gefahr und können sich deshalb kaum schützen. Auch Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten (z.B. Kitas und Schulen, Sportvereine, Jugendclubs, Therapie-Einrichtungen) können Orte sein, an denen sexueller Missbrauch stattfindet.

 


Häufigkeit

Laut Kriminalstatistik 2011 werden in Deutschland jährlich 13.000 Fälle sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen registriert. Mit anderen Worten: Jeden Tag werden 36 Kinder Opfer sexueller Gewalt. Dabei erfasst die Statistik nur angezeigte Taten (das sogenannte Hellfeld), die Dunkelziffer ist wesentlich größer.

 

Anders gesagt: Pro Schulklasse sind mindestens ein bis zwei betroffene Kinder, die sexuelle Gewalt erlebt haben.


Beweise sichern für ein Strafverfahren

Wenn du Opfer eines sexuellen Missbrauchs im Sinne einer Vergewaltigung geworden sind, ist es hilfreich, dich sofort medizinisch untersuchen zu lassen. Dafür gibt es zwei Gründe:

  • Ein sexueller Missbrauch kann seelische und körperliche Schäden nach sich ziehen, bei denen eine professionellen Abklärung und Beratung sinnvoll sind.
  • Viele Betroffene können nicht gleich nach der Tat entscheiden, ob sie eine Strafanzeige stellen wollen. Damit Sie Zeit haben, sich dies zu überlegen, können Sie von einem Arzt bzw. von einer Ärztin Tatspuren sofort dokumentieren zu lassen. Dann können Sie auch später noch entscheiden, ob diese Beweismittel in einem Strafverfahren genutzt werden. Sie können dazu das Klinikum Frankfurt (Oder) aufsuchen. Wenn Sie bei der Aufnahme sagen, "Ich brauche dringend ein Gespräch mit einer Gynäkologin", ist dies ein vereinbarter Schlüsselsatz, damit Ihr Anliegen vertraulich behandelt wird. Für Männer, die Opfer eines sexuellen Übergriffes wurden, lautet der Schlüsselsatz: "Ich brauche dringend ein Gespräch mit einem Urologen". Weitere Klinken finden Sie hier.

Sie können natürlich auch sofort eine Strafanzeige stellen. Rufen Sie dazu die Tel. 110 an. Das Polizeirevier in Eisenhüttenstadt finden Sie in der Diehloer Straße 60.


Links & Materialien

Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: Erreichbar unter Tel. 0800 - 2255530 für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte.

 

Weißer Ring: Hilfe für Menschen, die Opfer von Gewalt und Kriminalität geworden sind.

 

Wildwasser Berlin: An mehreren Standorten in Deutschland gibt es unter dem Namen "Wildwasser" Beratungsstellen für Betroffene von sexueller Gewalt. 

 

Zartbitter e.V.: Broschüren

 

Kind im Zentrum Berlin: Sozialtherapeutische Hilfen für Kinder und Jugendliche, die von sexueller Gewalt betroffen sind.

 

was-geht-zu-weit.de: Informationen für junge Menschen zum Thema Grenzüberschreitungen.

 

Hilfeportal Sexueller Missbrauch: Ein Wegweiser der zeigt, wie Betroffene Hilfe bekommen können.

 

Kein Raum für Missbrauch: Die Initiative möchte Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt entwickeln. PDF zum Download: Was ist sexueller Missbrauch?

 

Deutsche Sportjugend: Informationen über sexualisierte Gewalt im Sport. Publiziert wurde ein Handlungsleitfaden für Sportvereine (PDF) und eine Orientierungshilfe zu rechtlichen Fragen (PDF).

 

Ratgeber Sexueller Missbrauch - Informationen für Eltern, Lehrer und Erzieher: Aus dem Hogrefe-Verlag.


Beratung für Fachkräfte

Die Medizinische Kinderschutzhotline berät Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen unter Tel. 0800-1921000.

 

Alle Personen, die beruflich Kontakt mit Kindern oder  Jugendlichen haben, haben für die Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft der Jugendhilfe: Dazu gehören Lehrer*innen, Erzieher*innen, Trainer*innen im Sportverein und so weiter. Sie können sich auch dann beraten lassen, wenn sie nur "ein Gefühl" haben, etwas könnte nicht stimmen. Sie können für diese Beratung das Jugendamt anrufen im Landkreis Oder-Spree. Weitere Informationen: Konzept zum Einsatz der „insoweit erfahrenen Fachkräfte“ (ieFk) im Landkreis Oder-Spree

 

Außerdem gibt es das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: Tel. 0800 - 22 55 530 (anonym und kostenfrei)